Für pop e poppa ist die Sozialisierung der Kinder ein wichtiger Punkt in der gelebten Pädagogik unserer Kitas (Bern und Zürich). In der Tat kann es für ein Kind eine echte Herausforderung sein, zu lernen, in der Gesellschaft zu leben. Wenn die Kinder jedoch ihre Erfahrungen machen ( Austauschen, Streiten und Krisen), entwickeln sie eine Sozialisierung. Die Teams von pop e poppa stehen den Kindern zur Seite, um sie in dieser veränderten Umgebung, welche die Kita sein kann, zu begleiten und zu unterstützen. Es stellen sich jedoch verschiedene Fragen: Welches sind die Phasen der Sozialisierung? Was sind die Vorteile der Kitas?
pop e poppa: Anne Nagy, Sie sind Spezialistin für Eltern-Coachings. Sie haben ausserdem in der französischen Schweiz die Weiterbildung der Kita-Erziehenden von pop e poppa im Bereich Neurowissenschaft eingeführt, eine spannende pädagogische Richtung, über die wir in einem späteren Artikel sprechen werden. Damit wir das Thema richtig verstehen, was genau ist die Sozialisierung? Und weshalb ist sie so wichtig?
Anne Nagy: Die Sozialisierung ist ein Lernprozess, bei dem das Kind die Normen von Familie und Gesellschaft aufnimmt und verinnerlicht. Bei diesem Prozess lernt es wie das gesellschaftliche Zusammenleben funktioniert und entwickelt seine psychologische und soziale Identität. Durch die Sozialisierung lernt das Kind alles, was es braucht, um zu einem verantwortungsvollen und ausgeglichenen Menschen heranzuwachsen.
Unser Gleichgewicht stützt sich auf das Bedürfnis nach menschlichen Beziehungen. Der Kontakt und die Qualität des Kontakts, den wir zu anderen pflegen, bestimmen deshalb unser Wohlbefinden. Mit anderen Worten: Die Fähigkeit, eine tiefe Beziehung zu anderen aufzubauen, ermöglicht es dem Kind, und später dem Erwachsenen, sich in seiner Haut wohlzufühlen. Und dafür muss man auch zur Sozialisierung fähig sein und sich an die Normen der Gesellschaft anpassen.
(pep) Welche Stufen gibt es bei der Sozialisierung?
(AN) Natürlich gehen bereits die Kleinsten Beziehungen ein, jedoch «sozialisieren» sie sich nicht im eigentlichen Wortsinn. Ein Baby erlernt von Anfang an die Normen seiner Familie – die primäre Sozialisierung.
Ab dem 10. Monat ist ein Kind dazu fähig, in der Kita andere Regeln zu lernen als in der Familie. Dadurch erweitert es seine Normenpalette, deshalb profitiert das Kind umso mehr davon, wenn es von professionellen Erziehenden mit entsprechender Ausbildung betreut wird.
Der an den Aufbau der eigenen Identität geknüpfte Sozialisierungsprozess setzt sich auch weit nach der frühen Kindheit und der primären Sozialisierung fort. So haben Sie beispielsweise bei Jugendlichen zwischen 12 und 14 Jahren sicher schon Gruppenphänomene beobachtet, insbesondere bei Fragen der Kleidung. Darin zeigt sich ein klassischer Teil des Sozialisierungsprozesses.
(pep) Worin liegen die Vorteile einer Sozialisierung in der Kita?
(AN) In der Kita nimmt das Kind Informationen auf, die im Vergleich zu denen seiner Familie neu sind. So lernt es verschiedene Verhaltensweisen kennen, die es für später speichert. Wenn ein Kind von der Betreuung in der Familie in die Kita wechselt, verliert es kurzfristig seine sozialen und normativen Bezugspunkte, passt sich aber sehr schnell an.
Vor allem ist es ein grosser Vorteil, sich hierbei auf Profis verlassen zu können. Unsere Erziehenden sind im Bereich Neurowissenschaft ausgebildet, sodass sie stets ruhig bleiben und einen kühlen Kopf bewahren. Das fällt Eltern naturgemäss deutlich schwerer. Diese pädagogische Richtung hat sich erst vor kurzem, seit 2015, entwickelt. Sie basiert auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Entwicklung des Gehirns bei Kindern und zur Erziehung.